Zuchtgeschichte

       Berber al Aatik

                                                 Zuchtgeschichte

Wie ich auf den Berber kam

Wie kommt man ausgerechnet auf so eine seltene, exotische Rasse wie den Berber?
Als mir das erste Mal der Gedanke kam, mir ein Berberpferd zuzulegen, besaß ich bereits das „perfekte Pferd“:
Eine kompakte, kleine Stute, robust, willensstark, temperamentvoll, selbstbewusst, vorausschauend, sensibel und ausgestattet mit einem Körpergefühl und einer Balance, dass es eine Freude ist. Sie ist die Ruhe selbst, wenn es ihr nötig erscheint, stets sensibel für alle Reiterhilfen, mit einem guten Temperament, trotzig und zugeknöpft, wenn sie sich unverstanden fühlt, fürsorglich und gerecht zu ihren Herdenmitgliedern, besonders zu den Kranken, Alten und ganz besonders den Fohlen.
Eine Freundin, deren Herz man erst einmal erobern muss. Hat man es gewonnen, gibt es keine zuverlässigere und treuere Seele – die eigentliche Begründerin meiner Berberzucht und -liebe:
Inka, seit 1988 meine pferdige Begleiterin und seit annährend dieser Zeit die Leitstute unserer großen, gemischten Herde.
Damals von einem Pferdehändler erworben, sind bis heute Herkunft und Rassezugehörigkeit gänzlich unbekannt. Sie kann also unmöglich die Begründerin meiner Zucht sein!
Dennoch war sie der Grund, warum ich mich auf die Suche begab nach der Vertreterin einer Rasse, die diesem besonderen Pferd ähnlich sein sollte, einer würdigen Nachfolgerin, einer zukünftigen Leitstute unserer Herde.
Und ich wurde fündig:
Temperamentvoll, mutig, sensibel, genügsam, zäh, wendig, intelligent, menschenbezogen und treu – das Berberpferd, der einzige Hund, den man reiten kann!
Sollte es wahr sein, sollte diese Rassebeschreibung wirklich stimmen?
Im Jahr 2006 ergab sich der wunderbare Zufall, dass ein neues Einsteller-Pferd, eine Araber-Berberstute, mir ermöglichte eine Stute dieser Rasse selbst kennenlernen zu dürfen und mir diese Frage zu beantworten.
Es ist wahr, welch wunderbarer Charakter, welche Körperbeherrschung, welche Schönheit!
Ein Jahr später, ein Jahr der Suche nach einer Persönlichkeit, die, soweit dies bei einem Fohlen diesen Alters einzuschätzen ist, die Eignung zur zukünftigen Leitstute mit sich brachte, lernte ich sie kennen:
Thanaya, meine erste eigene Berberstute!
Thanaya
Auf meiner Suche nach einer jungen Stute, die möglichst alle Eigenschaften zum Führen einer Herde haben sollte, sprach ich mit einigen Züchtern. Zuerst aufgrund der wunderbar ausführlichen Charakterbeschreibung  Bettina Schürers,  später aufgrund Thanayas unnahbaren und einnehmenden Erscheinung, war ich überzeugt. Sie sollte es werden: Thanaya Fal el Khair, übernommen vom  Berbergestüt Fal el Khair  und unserer Herde zugeführt im zarten Alter von acht Monaten.

Die Geschichte ihrer Ankunft, niedergeschrieben für ihre Züchterin:

Der Umzug der kleinen Prinzessin

Wie eine Große steht sie da im rappeligen Hänger, völlig unbeeindruckt ob der vielen unbekannten Geräusche und Bewegungen. Fragend blickt sie sich um, unentschlossen was zu tun sei.
Ein bisschen Heu knabbern, vielleicht ein wenig hinlegen? Besser nicht, scheint zu unruhig diese seltsame, wiegende aber dennoch wohlig riechende Höhle.
Drei Stunden vergehen, dann tut sich etwas; die Höhle öffnet sich, ich klettere hinein zu der kleinen Prinzessin – meiner Prinzessin.
Ich bin froh, glücklich angekommen zu sein, froh sie jetzt hier zu haben, unsicher wie sie reagieren wird auf ihr neues Zuhause, aufs Aussteigen. Ruhe ausstrahlen, Gelassenheit und Souveränität. So hab ich es gelernt von all den Pferden, die es mich lehrten.
Doch wer beruhigt hier wen? Wer ist wirklich souverän, bin ich es oder ist es Thanaya?
Ich staune angesichts der inneren Größe dieses noch so kleinen Geschöpfes, bin voll Bewunderung.
Huf vor Huf stellt sie auf die Ausstiegsrampe, schreitet hinab, sich jeder ihrer Tritte bewusst, dennoch sensibel zu mir, wie ein zarter Faden scheint mir der schwere Strick in der Hand zu liegen. Kein Zug, kein Hauch ist zu spüren, so folgt sie die Straße entlang durch das Tor und den Innenhof in ihr neues Zuhause. Und dennoch, ich werde das Gefühl nicht los, dass nicht ich diejenige bin, die uns beide führt.
Nun steht sie dort, abgetrennt, darf noch nicht zu den anderen, ihrer neuen, großen Familie. Ich sehe sie vom Küchenfenster aus, habe sie fast den ganzen Tag im Blick: Sie ist schön!
Der erste Tag – unnahbar scheint sie, gefasst, souverän, stolz. Kein verlassenes Pferdekind, kein trauerndes, kleines Stütchen.  
Ich bin mir meiner Sache sicher. Jahrzehntelange Pferdeerfahrung, ein Händchen für verschlossene, eher als schwierig geltende Pferdepersönlichkeiten. Ein eben von der Mutter getrenntes Fohlen in der Fremde – ich werde es leicht haben.
Sie sieht mich nicht an, sie ignoriert mich einfach und wehrt sich dennoch gegen nichts, sie ist viel klüger als ich es erwartet habe. Ich gebe alles, versuche das Eis zu brechen, versuche mich einzuschmeicheln, streichle, liebkose.
Stolz steht sie da, den Blick in die Ferne. Ich bewundere sie, bin fasziniert und begeistert!
Es ist der zweite Tag, wir gehen spazieren. Ein übergroßer Traktor in hauchdünnem Abstand vorbeirasend, Bobbycar fahrende Kinder in Nähe der Schallgrenze, fünfunddreißig aufgeregte, am langen Zaun aufgereihte, fremde Pferde.... sie ist durch nichts zu erschüttern.
Und doch; unmerkbar hat sich unser Abstand verringert. Ein kleiner, zarter Pferdekopf in Höhe meiner Schulter, ein stolzer Blick, angelehnt an meinen Arm. Ich drehe mich um, sie sieht mich an, wir sind zu zweit!
Ohne es zu wollen und ohne darüber nachzudenken, war ich es das erste Mal wirklich– ruhig, gelassen, souverän. Sie hat es gespürt.
Wir sind im Hof. Ich löse den Strick, sicher, dass sie mir folgen wird. Wir brauchen kein Seil.
Es ist geschafft, sie wiehert mir nach, das Eis ist gebrochen.
Doch etwas war anders als sonst, nicht mein Pferdeverstand, nicht mein vermeintlich gekonntes Auftreten hat sie überzeugt. Sie war die Lehrerin.
Jetzt ist sie wirklich umgezogen, jetzt ist sie hier und bereits zu einer Königin geworden, in ihrem Innern und in meinem Herzen.
Danke für dieses wunderbare Pferd!


Thanaya wurde von Inka, der Leitstute, adoptiert und wird seitdem von ihr erzogen und angeleitet in der Herde. Zusätzlich mit vollstem Vertrauen zu mir, ihrem Menschen, ausgerüstet, ist sie zu einer wunderschönen, selbstbewussten Zuchtstute herangewachsen.
Die Entscheidung, zum Erhalt dieser wunderbaren und seltenen  Rasse  beitragen zu wollen, war aufgrund meiner Begeisterung und den guten  örtlichen Voraussetzungen  bei uns, nur noch ein kleiner Schritt.


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